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Samstag, März 13, 2021

Diese Woche hat sich in sämtlichen Medien rund um den Erdball alles um das Interview von Prinz Harry und seiner Frau Meghan gedreht und die Emotionen kochten hoch. Ich kenne beide nicht persönlich, und habe nie mit ihnen gesprochen. Und genau so geht es vermutlich 99,99% aller anderen Menschen, die nun in den sozialen Medien ihre persönliche Meinung über Fehler, Recht und Unrecht der beiden öffentlich kundtun.

Nun habe ich nicht vor, ebenso eine Abhandlung über dieses Paar zu schreiben, auch ich kann nicht sagen, welche Aussagen wahr oder unwahr sind, sondern ich möchte genauer beleuchten, was uns manchmal dazu bewegt, ein Urteil über andere Menschen – ob persönlich bekannt oder wildfremd – abzugeben. Dazu habe ich ein paar Meldungen gesammelt, die mir in den letzten Tagen aufgrund der psychologischen Hintergründe ins Auge gestochen sind, und werde ein paar Gedanken dazu loswerden:

„Sie hat gewusst, worauf sie sich einlässt, bevor sie in die königliche Familie eingeheiratet hat“ – viele von uns sehen ab und zu Bilder von öffentlichen Veranstaltungen, makellos gekleideten und gestylten Royals und von Fotografen ins Szene gesetzter Familienidylle. Aber dürfen wir mit Überzeugung sagen, dass wir WISSEN, wie das Leben tatsächlich ist? Die eigene Persönlichkeit und Individualität dem Protokoll unterzuordnen? Niemals Emotionen zu zeigen? Unter ständiger Beobachtung zu stehen? Wer von uns war noch nie überzeugt, einer Situation gewachsen zu sein, nur um sich später eingestehen zu müssen, dass wir uns getäuscht haben? Können wir mit Sicherheit  vorhersagen, wie wir uns zu einem späteren Zeitpunkt mit bestimmten Gegebenheiten fühlen werden!

„Zwei Glückskinder. Er hineingeboren in Reichtum, Sorglosigkeit und Überfluss. Sie eine farbige Schönheit aus Hollywood. Es muss herrlich sein, ein Leben wie Harry und Meghan zu führen“. Diese Meldung ist mir extrem sauer aufgestoßen. Wie kann man sich anmaßen, über jemanden anderen zu sagen, sein Leben sei sorglos, ohne jemals mit ihm oder ihr persönlich darüber gesprochen zu haben? Davon abgesehen, dass beide bereits schwere Schicksalsschläge erleiden mussten, wie den Tod seiner Mutter als Achtjähriger, die Scheidung ihrer Eltern oder eine  Fehlgeburt. Berechtigt mich der offensichtliche finanzielle Überfluss zu der Einschätzung, deren Leben sei sorglos? Nein. Die Einschätzung, ob ein Leben sorglos verläuft, ist eine völlig individuelle und persönliche Angelegenheit. Was für den einen eine Kleinigkeit ist, kann für den anderen eine seelische Katastrophe sein und es ist niemandes Recht, darüber zu urteilen.

„Herzogin Kate macht im Gegensatz zu Meghan alles richtig, sie erledigt ohne  Murren ihre Pflichten“. Diese Aussage spricht mich ganz einfach persönlich an, und veranlasst mich zu der Frage, was diese über den Sprecher/die Sprecherin sagt. Ich bin einfach keine Vertreterin der Theorie, dass man alles richtig macht, wenn man nur ohne Murren seine Pflichten erledigt. Das Leben ist mehr als das. Für sich und seine Bedürfnisse einzustehen, zeigt von Mut und Selbstfürsorge. Als Beraterin stelle ich mir die Frage, ob insgeheim vielleicht der Wunsch besteht, ebenso wie Meghan mehr für sich einzustehen, oder daran gescheitert zu sein. Und auch hier gilt es zu bedenken, dass es vielleicht nur nach außen so wirkt, als würde Kate nicht murren.

„Der geht es zu gut“. Ob nun die Vermutung, Harry würde alles tun, was Meghan verlange, auch zu seinem eigenen Schaden, oder sie wolle nur Aufmerksamkeit. Ich frage mich, was daran schlecht sein soll? Mehr zu wollen. Vom Leben, vom Partner, von allem? Es ist unsere eigene Reglementierung, die uns eine keusche Anspruchslosigkeit beschert, die uns gelegentlich auf den Kopf fällt. Die dazu führt, dass wir uns mit weniger zufrieden geben, als wir uns für unser Leben gewünscht hätten, weil wir uns nie getraut haben, mehr zu fordern. Vielleicht wurden wir auch nach dem „Bescheidenheit ist eine Zier“-Prinzip erzogen. Das  uns schließlich mit dem Zeigefinger auf Menschen deuten lässt, die diese falsche Bescheidenheit hinter sich gelassen haben und das Beste für sich herausholen.

Wen nun die aktuellen Meldungen rund um Harry und Meghan nicht erreicht haben, oder wer sich sogar fragt „wer sind die beiden?“ – schätzt euch glücklich! Ich denke, bei meinen LeserInnen ist angekommen, dass die Angehörigen des Britischen Königshauses lediglich als StellvertreterInnen dienen für alle Menschen, über die wir uns absichtlich oder unabsichtlich ein Urteil bilden. Auch über mich gibt es die kuriosesten Urteile, die ich so nie unterschreiben würde, und die nur nach einem äußerlichen Anschein gebildet wurden, eines davon ist z.. „die lacht immer, der geht es gut“. Ob mir immer zum Lachen zumute ist, wissen nur die, die mich danach fragen ;-)

Ein Indianisches Sprichwort sagt: „Urteile nie über einen anderen, bevor du nicht einen Mond lang in seinen Schuhen gelaufen bist. Wahre Worte. Und wenn nur einer sich kurz überlegt „weiß ich das sicher?“, bevor er ein Statement über einen anderen abgibt, dann haben sich meine Zeilen sich schon gelohnt.

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